Mamasein in den Niederlanden

Mamasein in den Niederlanden

In meiner Reihe "Mamasein in ..." geht es heute in die Niederlande. Corinna ist Grundschullehrerin, in Hannover geboren und hat ihren jetzigen Mann auf einem Festival kennengelernt. Eine Weile haben sie zusammen in Amsterdam und Utrecht gelebt und gearbeitet. Nun sind sie eine Familie mit zwei Töchtern und wohnen an der deutsch-niederländischen Grenze. 

Quelle: Pixabay/Typische niederländische Holzschuhe oder auch Klompen

1) Wie bereiten sich die Mütter in den Niederlanden auf die Geburt des Kindes vor? 

In den Niederlanden übernimmt die Hebamme alle wichtigen Kontrolluntersuchungen. Ein Frauenarztbesuch ist eher die Ausnahme. Auch hat man weniger Ultraschalluntersuchungen als es in Deutschland der Fall ist. Viele Frauen machen Geburtsvorbereitungskurse oder Schwangerschaftsyoga, das ist so ähnlich wie in Deutschland.

Quelle: Corinna privat

2) Wo findet die Geburt statt und sind die Väter der Kinder oder andere Verwandte dabei? 

Wenn kein medizinischer Grund dagegen spricht,  entscheiden sich noch immer viele niederländische Mütter, ihr Kind zu Hause zur Welt zu bringen. Hier hilft dann die Hebamme bei der Geburt und der werdende Papa ist auch immer dabei. Allerdings ist die Zahl der Hausgeburten in den letzen Jahren hier auch zurückgegangen. Alternativ gibt es auch Geburtshäuser. Wenn es bei Mama oder Kind einen medizinischen Grund gibt, findet die Geburt im Krankenhaus statt. Nach der Geburt wird man dann so schnell wie möglich wieder aus dem Krankenhaus oder Geburtshaus entlassen, sodass man in der Regel wenige Stunden nach der Geburt wieder zu Hause ist. 

Quelle: Corinna privat

3) Wie gestaltet sich die erste Zeit mit dem Neugeborenen? Gibt es in den Niederlanden auch so etwas wie Elternzeit? 

In den ersten Tagen nach der Geburt bekommt man in den Niederlanden eine "Kraamzorg" gestellt. Das ist eine Dame, die einige Stunden am Tag den frischgebackenen Eltern mit allem Notwendigen hilft. Sie hilft beim Stillen und Wickeln, aber übernimmt auch andere Aufgaben im Haushalt, wie das Wäschewaschen und das Putzen des Badezimmers. Sie und die Hebamme, die in dieser Zeit regelmäßig vorbeikommt kontrolliert auch die Gesundheit und Entwicklung von Mutter und Baby. Das ist wirklich sehr praktisch und hilfreich.

Es gibt hier jedoch leider keine Elternzeit wie in Deutschland. Die meisten Mütter arbeiten bis vier Wochen vor der Geburt und haben dann nach der Geburt drei Monate zu Hause Zeit. Es ist auch möglich, sechs Wochen vor der Geburt in Mutterschutz zu gehen. Dann werden diese zwei Wochen aber wieder von den drei Monaten abgezogen. Väter haben offiziell nur 2 Tage während/ nach der Geburt, an denen sie zu Hause bleiben dürfen und müssen sich sonst Urlaub nehmen. Da es diesbezüglich gerade in letzter Zeit viel Kritik gibt, soll die Elternzeit für Väter aber demnächst ausgeweitet werden. 
 
Quelle: Pixabay, Käsegeschäft in den Niederlanden

4) Worauf legen niederländische Mütter besonderen Wert? 

Holländische Frauen sind meiner Meinung nach Meisterinnen, alles unter einen Hut zu bekommen. Sie legen Wert auf ihr Äußeres, soziale Kontakte, Familie und Beruf. Sie wollen gerade auch im Beruf nicht zurückstecken. Deshalb sind Papas hier auch mehr an der Erziehung beteiligt als in Deutschland. Fast jeder Papa, den ich kenne, hat mindestens einen Papatag in der Woche, an dem er nicht arbeitet, sondern Zeit mit den Kindern verbringt. 

Quelle: Corinna privat

5) Gehen die Kinder alle in den Kindergarten? 

Sobald die Mütter wieder arbeiten, also in der Regel dann, wenn die Kinder drei Monate alt sind, gehen die meisten Kinder in eine Krippe. Allerdings arbeiten sowohl Mama als auch Papa fast nie Vollzeit, sodass sich der Aufenthalt in der Krippe bei den meisten Kindern auf 1, 2 oder 3 Tage in der Woche beschränkt. Wir haben uns stattdessen für eine Tagesmutter entschieden. Ab 2 Jahren ist es möglich, Kinder in einer Kleinkindspielgruppe anzumelden, die aber nur 3 Stunden am Vormittag geht. Ein Kindergartenkonzept wie in Deutschland gibt es hier nicht, auch weil Kinder schon mit 4 Jahren in die Schule kommen. 

Quelle: Pixabay, Niederländische Holzschuhe

6) Und wann beginnt die Schule?

Schulpflichtig sind Kinder offiziell mit 5 Jahren, aber fast alle Kinder gehen ab ihrem vierten Geburtstag in die Schule. Die ersten zwei Jahre können hier mit der Vorschule in Deutschland verglichen werden. Die Grundschule dauert dann auch 8 Jahre. Mit 12 Jahren gehen die Kinder dann auf die weiterführende Schule.

7) In Deutschland liegt die Erziehung des Kindes mittlerweile ja hauptsächlich bei den Eltern. Ist das in den Niederlanden auch so oder sind dort weitere Verwandte beteiligt? 

Nein, das ist leider ganz genauso. Manche Familien haben Glück, dass Oma und Opa einen Tag in der Woche auf die Kinder aufpassen. 

Quelle: pixabay/ Mühle in den Niederlanden

8) Wie wichtig ist Euch die Familie?

 Unsere kleine Familie ist uns sehr wichtig. Das Wichtigste ist mir, dass meine Töchter zu glücklichen, starken Menschen heranwachsen zu können, die sich trauen, ihren eigenen Weg zu gehen und respektvoll und liebevoll mit anderen Menschen, Tieren und der Natur umgehen. Mein Freund und ich tun unser Bestes, dass das gelingt. 
 
9) Jede Kultur hat ihre traditionellen Gerichte. Was essen niederländische Kinder gerne? 

Typisch holländische Gerichte, die Kinder lieben, sind Pfannkuchen, gerne auch herzhafte, und Stampot (Kartoffeln und Gemüse zermatscht.) Viele holländische Familien essen zur Freude der Kinder einmal in der Woche Pommes. Und morgens gibt es in vielen Familien Hagelslag (Schokostreusel) aufs Brot. 


10) Und sieht die Brotdose für die Schule genauso aus, wie bei den deutschen Kindern? 

Ja. Vielleicht steckt da noch etwas mehr drin, denn niederländische Kinder essen mittags ihr Brot in der Schule. Abends wird dann mit der Familie zusammen warm gegessen.

11) In Deutschland schlafen die Babys und Kinder früh in eigenen Kinderzimmern oder die Familien haben sogenannte Familienbetten. Wie schlafen die Babys und Kinder in den Niederlanden? 

Ja, ich würde fast sagen, dass die Kinder hier in der Regel noch früher als in Deutschland im eigenen Zimmer schlafen. Kinder ein paar Minuten schreien zu lassen, damit sie das Durchschlafen "lernen", wird hier leider auch wenig kritisch gesehen. Das liegt auch daran, dass die Mütter wieder so schnell nach der Geburt anfangen müssen zu arbeiten. Aber natürlich gibt es auch hier alternative Eltern, die das Familienbett vorziehen und ihre Kinder nicht weinen lassen.

12) Gibt es in der Erziehung zu Deutschland unterschiede? 

Niederländische Eltern legen einen großen Wert auf die Selbstständigkeit ihrer Kinder. "Zelfredzaamheid", übersetzt "die Fähigkeit zur Selbsthilfe" wird auch an den Schulen großgeschrieben. Kinder lernen früh, eigene Entscheidungen zu treffen und ihre Meinungen werden vielleicht ernster genommen als in Deutschland. Wobei es hier auch wieder sehr stark auf die Eltern, das Umfeld und die Art der Schule ankommt, das ist so individuell wie in Deutschland. 

Quelle: pixabay/ Kinder im Tulpenfeld in den Niederlanden

13) Wie wichtig ist der Glaube in niederländischen Familien und gibt es besondere Festtage? 

Der Glaube spielt, zumindest hier in der Stadt, kaum eine Rolle. Ich kenne zum Beispiel kaum Leute, die ihre Kinder taufen lassen. Auf dem Land und gerade in streng protestantischen Regionen ist das anders. Ein besonderer Festtag ist hier der Königstag. Am Geburtstag des Königs haben alle frei, es wird gefeiert und überall gibt es Flohmärkt, auf den jeder verkaufen und kaufen kann.

Quelle: Corinna privat
 
14) Sprichst Du mit Deinen Kindern deutsch oder niederländisch? 

Ich spreche Deutsch, mein Partner Niederländisch. So lernen sie dann hoffentlich zwei Sprachen. Zurzeit vermischen sich allerdings die Sprachen noch, was aber bei kleinen Kindern normal ist.

Quelle: Corinna privat
15) Und lebt Ihr zu Hause mehr wie eine deutsche Familie, wie eine niederländische Familie oder vermischt sich beides?

Wir mischen ganz klar. Meine Kinder wachsen zum Beispiel mit deutschen Buch-und Hörbuchhelden und mit niederländischen auf. Wir feiern den Nikolaus, wie es hier üblich ist, aber meine Kinder bekommen auch einen selbst gebastelten Adventskalender mit kleinen Geschenken, den es hier nicht gibt. 

Quelle: Pixabay, Niederländische Nikoläuse

Vielen Dank liebe Corinna, für das schöne Interview und den tollen Einblick in das "Mamasein in den Niederlanden". 

***

Wenn Ihr auch eine Mama in einem anderen Land seid und Lust habt, bei meiner neuen Reihe mitzumachen, meldet Euch unter info(at)zuckersuesseaepfel.de. Ich freue mich darauf. 

Und hier könnt Ihr alle bisherigen Interviews in meiner Reihe "Mamasein in ..." noch mal nachlesen: 

♥ Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein paar Worte nimmst. Ich freue mich sehr darüber. ♥ Meine Datenschutzerklärung (DSGVO) findest Du in der oberen Leiste ♥



Whatsapp Button works on Mobile Device only

Wonach suchst du ?