Mamasein in Kairo

Mamasein in Kairo

In meiner Reihe "Mamasein in ..." geht es heute nach Ägypten und ich freue mich sehr, das wir so unglaublich tolle Einblicke in das Mamasein auf der ganzen Welt bekommen.  

Dieses Mal nimmt uns Simone mit nach Kairo. Sie ist Mama von zwei Kindern und hat mit ihrer Familie die letzten 5 Jahre in Kairo verbracht. Ihr Mann arbeitet dort für das ARD Studio. In Kairo hat sie ihre beiden Töchter bekommen und auch die ersten Jahre großgezogen.

Sie gehen in Kairo gerne in Indoorspielplätze oder in Clubs und treffen ihre Freunde. Die Clubs sind dort eine der wenigen Möglichkeiten auf Spielplätze zu kommen und ein bisschen Wiesen und Bäume zu genießen. Kairo selber ist sehr laut, schmutzig und anstrengend, aber es hat auch wunderbare Ecken und ist sehr spannend, abwechslungsreich und überraschend. 

Quelle: Simone privat
 
Und nun viel Spaß bei dem Interview. 

1) Liebe Simone, wie bereiten sich die Mütter in Kairo auf die Geburt des Kindes vor? 

Das ist in Kairo sehr unterschiedlich. Leider sind, wie überall im alltäglichen Leben hier, die soziale Herkunft und das verfügbare Geld ausschlaggebend.

Ich kann also nur für mich und meinem Umfeld sprechen. Es gibt vor allem in kleinen Zentren manchmal Schwangerschaftsyoga oder Pilates Kurse. Hebammen gibt es nicht. Wenn man Glück hat, ist gerade eine Hebamme aus dem Ausland in Kairo und sie ist bereit zu arbeiten. Dies war jedoch in meinem Fall nicht so. Ich hatte eine Doula während meinen Schwangerschaften und der Geburten, musste mich jedoch um diese privat kümmern. Die Frauenarzttermine sind regelmäßig, jedoch auch sehr stark vom Arzt abhängig. Meiner wollte am liebsten jeden Monat einen Ultraschall machen. Davon musste ich ihn häufig abhalten. Der Arzt der die gesamte Schwangerschaft begleitet hat, wird auch die Geburt begleiten. Meiner, zum Beispiel kam aus seinem Urlaub zurück, als meine Wehen einsetzten. Er war 2h Autofahrt entfernt. 

Quelle: Simone privat

2) Wo findet die Geburt statt und sind die Väter der Kinder oder andere Verwandte dabei? 

Die Geburt findet in den Krankenhäusern statt. Der Arzt hat die absolute Hoheit über den Vorgang. Es ist also enorm wichtig, einen Arzt zu finden, dessen Einstellung der eigenen entspricht. In meinem Fall „erlaubte“ er die Anwesenheit meines Mannes und meiner Doula. Es kommt jedoch häufig vor, dass dies nicht erlaubt wird. Ich war in der privilegierten Situation mir meinen Arzt aussuchen zu können. Viele Ägypterinnen wählen einen geplanten Kaiserschnitt, da ihnen das häufig von den Ärzten nahegelegt wird oder auch aus persönlichen Gründen. Ich kann mir vorstellen, dass auf ländlichen Gebieten Hausgeburten üblich sind aufgrund von Geldmangel und fehlender medizinischer Infrastruktur.

Quelle: Simone privat

3) Wie gestaltet sich die erste Zeit mit dem Neugeborenen? Gibt es in Kairo auch so etwas wie Elternzeit? 

Ehrlich gesagt, wurden wir mit meiner ersten Tochter eine Nacht später heim geschickt und das war es. Hätte ich keine Blutungen gehabt, wären wir sofort danach heimgeschickt worden. Eine gesetzlich vorgeschriebene Elternzeit ist mir nicht bekannt. Die Arzttermine mit dem Kind werden von den Eltern erfragt und durchgeführt oder auch nicht.

4) Ab wann gehen die Kinder in den Kindergarten? 

Der Kindergarten ist ein ganz schwieriges Thema in Kairo. Die öffentlichen Kindergärten sind überfüllt und ein kindgerechter Umgang ist nicht gegeben. Wer es sich leisten kann, schickt seine Kinder in einen privaten Kindergarten, die häufig wie kleine Schulen sind und die Kinder auf die Einstufungstest der privaten Schulen vorbereiten. Es gibt kein qualifiziertes Personal. Wir haben einen wundervollen deutsch, arabisch und englisch sprachigen Kindergarten gefunden. Mein Eindruck ist jedoch, es ist der einzige in Kairo und das meine ich, traurigerweise ernst. Der Kindergarten in Kairo unterteilt sich in KG1 und KG 2 und beginnt meist im Alter von 3, weil die Kinder mit 5 eingeschult werden. Davor gehen sie in eine nursery. 

Quelle: Simone privat

5) Und wann beginnt die Schule?

Die Schule beginnt mit 5

6) In Deutschland liegt die Erziehung des Kindes mittlerweile ja hauptsächlich bei den Eltern. Ist das in Ägypten auch so oder sind dort weitere Verwandte beteiligt? 

Da die Familien in Ägypten sehr groß sind und auch der Zusammenhalt sehr eng ist, ist eigentlich in ägyptischen Familien jeder beteiligt die Kinder zu erziehen. Aus meinem europäischen Blickwinkel manchmal auch etwas übergriffig. Familie ist das höchste Gut und es wird alles Mögliche getan, dass es jedem in der Familie gut geht. 

Kairo, Quelle: Pixabay

7) Wie wichtig ist Euch die Familie? 

Für uns ist unsere Familie das wichtigste. Ich bin sehr dankbar, dass ich in den ersten Lebensjahren meiner Töchter daheim bleiben konnte und sie in ihrem Lebensstart begleiten durfte. Es ist so wundervoll zu sehen, wie Kinder die Welt entdecken und verstehen.

8) Jede Kultur hat ihre traditionellen Gerichte. Was essen Kinder in Ägypten gerne? 

Also meine Kinder lieben Koshary, das ist ein Mix aus Nudeln, Reis, Linsen, Kichererbsen und Zwiebeln mit Tomatensauce. Außerdem lieben sie Molokheya das ist eine schleimige grüne Sauce, die mit Reis serviert wird.

Quelle: Simone privat

9) Und sieht die Brotdose für die Schule genauso aus, wie bei den deutschen Kindern? 

Meine große Tochter geht in den Kindergarten und isst dort mit. Daher kenne ich keine Brotdosen. Jedoch bin ich mir sicher, dass es kein Roggenbrot oder ähnliches in den Brotdosen zu finden sein wird. Vermutlich Fladenbrot (Baladibrot) mit Falafel oder Käse oder Hühnchen oder Kofta.

10) In Deutschland schlafen die Babys und Kinder früh in eigenen Betten und Kinderzimmern oder die Familien haben sogenannte Familienbetten. Wie schlafen die Babys und Kinder in Kairo?

Da wo sie gerade sind. Ich glaube, dass das Familienbett hier sehr verbreitet ist. Kann ich aber nicht generell sagen. In meinem Freundeskreis gab es beides, sowohl im Bettchen als auch im Familienbett.

Quelle: Simone privat

11) Was ist in der Erziehung von ägyptischen Kindern anders, als bei deutschen Kindern? 

Es ist zwiespältig. Auf der einen Seite dürfen sie ganz viel, wie zum Beispiel lange wach bleiben, Fernsehen, laut sein etc. Auf der anderen Seite werden sie häufig gemaßregelt und sehr streng erzogen. Sie haben oft ein straffes Freizeitprogramm und werden ab dem Alter von ca. 7/8 sehr stark wie Erwachsene behandelt bzw. erwachsenes Verhalten wird erwartet und entsprechend gemaßregelt, wenn es nicht gezeigt wird. 

12) Wie wichtig ist der Glaube und gibt es besondere Festtage? 

Der Glaube ist natürlich sehr wichtig! Es gibt unzählige Festtage. Besonders wichtig ist natürlich der Ramadan mit dem anschließenden Zuckerfest. Ich erlebte Familien, die ohne äußerlichen Druck, jedoch mit sozialem Druck von 7- jährigen erwartet haben, dass sie fasten. Natürlich macht das nicht jede Familie. Das ist sehr individuell. Der Ramadan ist eine ganz besondere Zeit. Die Stadt steht still und abends zum Iftar (Fastenbrechen) erwacht sie. Iftar hat eine besondere Magie, die sogar uns mit gerissen hat. Alle essen zusammen und feiern.

Quelle: Simone privat
Auch sehr wichtig ist das Opferfest. Welches für mich persönlich eine ganz schlimme Tradition ist. Hier werden Tiere auf der Straße geschlachtet und häufig sind Kinder dabei. Auf ländlichem Gebiet oder auch in bestimmten Vierteln machen die Kinder mit dem Blut der Tiere Handabdrücke an die Tür.

Um etwas Gutes über dieses Fest zu sagen, das Fleisch wird mit den Armen geteilt. Ich als Vegetariern bin kein großer Freund dieses Festes und habe mich auch nicht weiter mit der religiösen Bedeutung auseinandergesetzt. Ich habe jedes Mal Kairo zu dieser Zeit verlassen, nachdem ich in meinem ersten Jahr Zeuge dieses Geschehens wurde.

13) Lebt ihr in Kairo mehr wie eine deutsche oder wie ägyptische Familie? 

Also ich würde ganz klar sagen, dass wir wie eine deutsche Familie leben, jedoch viele kleine ägyptische Einschläge haben. 

Vielen Dank liebe Simone für das schöne Interview und den tollen Einblick in das "Mamasein in Kairo"
Quelle: Simone privat
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Wenn Ihr auch eine Mama in einem anderen Land seid und Lust habt, bei meiner neuen Reihe mitzumachen, meldet Euch unter info(at)zuckersuesseaepfel.de. Ich freue mich darauf.

Und hier könnt Ihr alle bisherigen Interviews in meiner Reihe "Mamasein in ..." noch mal nachlesen: 


  1. Ich war auch mit meinem Sohn ein Jahr in Ägypten, er war da aber schon 7. In die Schule ist er nicht gegangen, weil die deutschen Schulen dort wahnsinnig teuer sind, das hätte mehr als die Miete gekostet! Ich hab ihn also selber unterrichtet und er hat am Ende des Schuljahres hier in Österreich eine Prüfung abgelegt, sein Zeugnis bekommen und ist im nächsten Schuljahr wieder ganz normal eingestiegen.

    Dass die ägyptischen Kinder schlafen, wo sie gerade sind, kann ich nur bestätigen! *lach* Wir waren mal 2 Wochen auf Besuch bei einer Familie am Suez-Kanal, die ein Bekleidungsgeschäft hatten. Der Junge der Familie hat zum Teil sogar in der Auslage geschlafen, wenn es spät wurde! :-D
    Das mit der Strenge ist für uns Europäer zum Teil echt schockierend. Ich habe mal gesehen, wie ein Junge von seiner Mutter mit einem Kleiderhaken richtig verprügelt wurde, bis ein Fremder dazwischengegangen ist, und das nur weil er sie ein paar mal zu oft um etwas Geld gefragt hat. Allerdings wird das nicht nachgetragen, etwas später habe ich den Jungen seine Mutter liebevoll umarmen gesehen...

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    1. Hallo liebe Sandra, puh, das hört sich ja heftig an! Das die Schulen so teuer sind, wusste ich auch nicht. Und das mit dem Verprügeln hört sich schrecklich an. Zum Glück ist jemand dazwischen gegangen.

      Ganz liebe Grüße, Tanja

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